Vertrauensarbeitszeit und Zeiterfassung – Passt das zusammen?

Vertrauensarbeitszeit bietet Beschäftigten maximale Flexibilität bei der Gestaltung ihrer Arbeitszeit. Statt fester Vorgaben steht das Arbeitsergebnis im Mittelpunkt. Viele Unternehmen setzen auf dieses Modell, um Eigenverantwortung zu fördern und unnötige Bürokratie zu vermeiden. Doch die Pflicht zur Zeiterfassung stellt die Frage: Lässt sich Vertrauensarbeitszeit mit einer verpflichtenden Arbeitszeiterfassung vereinbaren?

Ein transparenter Umgang mit Arbeitszeiten schützt Beschäftigte vor unbemerkten Überstunden und sorgt für eine faire Abrechnung. Unternehmen müssen dabei einen Weg finden, der gesetzliche Anforderungen erfüllt, ohne die Vorteile der Vertrauensarbeitszeit einzuschränken. Wie sich Zeiterfassung in dieses Modell integrieren lässt und welche Lösungen sich bewährt haben, zeigt dieser Ratgeber.

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Definition: Was ist Vertrauensarbeitszeit?

Vertrauensarbeitszeit bedeutet, dass Arbeitnehmer ihre Arbeitszeiten selbstverantwortlich gestalten. Arbeitgeber setzen auf Eigenverantwortung, statt feste Arbeitszeiten oder Kernarbeitszeiten vorzugeben. Entscheidend ist das Arbeitsergebnis, nicht die erfasste Arbeitszeit.

Flexible Vertrauensarbeitszeit erweitert dieses Konzept um maximale Gestaltungsfreiheit. Mitarbeiter entscheiden nicht nur, wann sie arbeiten, sondern auch, wie sie ihre Arbeitszeiten verteilen. Ein Projekt kann frühmorgens starten oder in den Abendstunden weitergeführt werden. Solange die Aufgaben erfüllt werden, bleibt die Zeitgestaltung offen.

Vertrauensarbeitszeit und Gleitzeit – Wo liegt der Unterschied?

Gleitzeit bietet mehr Struktur, während Vertrauensarbeitszeit maximale Flexibilität gewährt. Beide Modelle verfolgen unterschiedliche Ansätze, um Arbeitszeiten flexibler zu gestalten. Gleitzeit eignet sich für Unternehmen, die eine Balance zwischen Kontrolle und Flexibilität wünschen, während Vertrauensarbeitszeit für Positionen mit hoher Eigenverantwortung optimal ist.

Vertrauensarbeitszeit Gleitzeit
Keine festen Arbeitszeiten oder Anwesenheitsvorgaben Kombination aus festen Kernzeiten und flexiblen Randzeiten
Erfolgsmessung anhand von Ergebnissen, nicht von Arbeitsstunden Klare Regelungen für Überstunden und Zeitkonten
Mitarbeiter entscheiden selbst, wie sie ihre Arbeitszeit einteilen Arbeitgeber gibt einen Rahmen für Arbeitszeiten vor

Neben Vertrauensarbeitszeit gibt es noch weitere Möglichkeiten, die Arbeitszeit zu strukturieren.

Lesen Sie im Ratgeber über verschiedene flexible Arbeitszeitmodelle!

Existieren feste Arbeitszeiten in der Vertrauensarbeitszeit?

Vertrauensarbeitszeit bedeutet nicht automatisch völlige zeitliche Freiheit. Unternehmen und Beschäftigte einigen sich oft auf grundlegende Rahmenbedingungen, um betriebliche Abläufe und Zusammenarbeit zu gewährleisten. Feste Erreichbarkeiten für Meetings, Kundentermine oder Teamabsprachen bleiben in vielen Branchen unerlässlich. Besonders in Projekten mit enger Zusammenarbeit oder direktem Kundenkontakt entsteht eine natürliche Notwendigkeit, sich an bestimmte Zeitfenster zu halten.

Zusätzlich setzen gesetzliche Vorgaben Grenzen. Ruhezeiten, maximale tägliche Arbeitszeiten und Regelungen zur Erfassung der Arbeitszeit gelten auch bei Vertrauensarbeitszeit. Arbeitgeber und Beschäftigte profitieren davon, klare Absprachen zu treffen. Eine transparente Regelung schafft Verlässlichkeit, verhindert übermäßige Arbeitsbelastung und sorgt dafür, dass Flexibilität nicht zur ständigen Verfügbarkeit führt. Das richtige Gleichgewicht zwischen Eigenverantwortung und betrieblicher Struktur entscheidet über den Erfolg dieses Arbeitszeitmodells.

Welche Branchen arbeiten mit Vertrauensarbeitszeit?

Vertrauensarbeitszeit kommt vor allem in Branchen mit hoher Eigenverantwortung und flexiblen Arbeitsprozessen zum Einsatz. Besonders verbreitet ist sie in folgenden Bereichen:

  • IT und Softwareentwicklung: Projektbasierte Arbeit und agile Methoden erfordern flexible Zeiteinteilung.
  • Beratung und Dienstleistung: Unternehmensberater, Rechtsanwälte oder Agenturen orientieren sich an Kundenprojekten statt an festen Arbeitszeiten.
  • Kreativ- und Medienbranche: Journalisten, Designer und Autoren arbeiten oft ergebnisorientiert statt nach festen Stundenplänen.
  • Forschung und Entwicklung: Wissenschaftler und Ingenieure organisieren ihre Arbeit eigenständig, abhängig von Projekterfordernissen.
  • Start-ups und junge Unternehmen: Dynamische Strukturen ermöglichen selbstbestimmte Arbeitszeiten.
  • Außendienst und Vertrieb: Erfolg misst sich an Zielerreichung, nicht an festen Bürozeiten.

In diesen Branchen zählt das Ergebnis mehr als die Anwesenheitszeit am Arbeitsplatz.

Wie lassen sich Überstunden erfassen?

Vertrauensarbeitszeit führt oft zu unbezahlten Überstunden. Ohne Dokumentation bleiben zusätzliche Arbeitsstunden unsichtbar. Mitarbeiter riskieren, mehr zu leisten, ohne fairen Ausgleich. Arbeitgeber könnten unbeabsichtigt gesetzliche Regelungen verletzen, wenn Überstunden nicht ordnungsgemäß erfasst werden.

Warum Zeiterfassung sinnvoll ist

Eine transparente Zeiterfassung stellt sicher, dass Mehrarbeit erfasst und ausgeglichen wird. Mitarbeiter behalten den Überblick über ihre Arbeitszeit und können frühzeitig gegensteuern, wenn ein Ungleichgewicht entsteht. Arbeitgeber können zudem erkennen, ob Mitarbeiter überlastet sind und frühzeitig Maßnahmen ergreifen, um Burnout vorzubeugen.

Vorteile der Vertrauensarbeitszeit

Für Arbeitnehmer Für Arbeitgeber
Freie Zeiteinteilung Produktivität steigt durch selbstbestimmtes Arbeiten
Verbesserte Work-Life-Balance Verwaltungsaufwand reduziert sich
Höhere Eigenverantwortung und Motivation Arbeitgebermarke wird attraktiver
Möglichkeit, individuelle Produktivitätszeiten optimal zu nutzen Höhere Mitarbeiterzufriedenheit führt zu weniger Fluktuation

Herausforderungen der Vertrauensarbeitszeit

Für Arbeitnehmer Für Arbeitgeber
Gefahr unbemerkter Mehrarbeit Weniger Kontrolle über Arbeitszeiten
Schwierige Trennung von Beruf und Privatleben Schwierige Abrechnung von Arbeitsstunden
Eigenverantwortung erfordert hohe Disziplin Erforderliche Umstellung auf ergebnisorientierte Führung
Notwendigkeit, Pausen eigenständig und regelmäßig einzuhalten Meetings oder Absprachen lassen sich schwieriger koordinieren

Wie lässt sich Zeiterfassung mit Vertrauensarbeitszeit kombinieren?

Eine Zeiterfassung ist nicht gleichzusetzen mit Misstrauen oder Kontrolle. Digitale Systeme wie Clockodo ermöglichen eine transparente Zeiterfassung, ohne die Flexibilität einzuschränken. Arbeitnehmer buchen ihre Zeiten individuell, Arbeitgeber erhalten dennoch einen Überblick. Auf diese Weise stellen Arbeitnehmer sicher, dass sowohl ihre Überstunden dokumentiert als auch ihre Pausenzeiten eingehalten werden.

Vorteile der digitalen Zeiterfassung

Eine digitale Zeiterfassung sorgt für klare und nachvollziehbare Arbeitszeiten. Mitarbeiter behalten den Überblick über ihre geleisteten Stunden, während Arbeitgeber verlässliche Daten für die Abrechnung und Planung erhalten. Gerade bei Vertrauensarbeitszeit bleibt so Transparenz gewahrt, ohne die Flexibilität einzuschränken.

Die Erfassung von Überstunden stellt sicher, dass zusätzliche Arbeitszeit fair vergütet oder durch Freizeitausgleich kompensiert wird. Arbeitnehmer profitieren von einer gerechten Abrechnung, und Unternehmen vermeiden Konflikte über nicht dokumentierte Mehrarbeit.

Gesetzliche Vorgaben verlangen eine ordnungsgemäße Zeiterfassung. Digitale Lösungen helfen, diese Anforderungen problemlos zu erfüllen und schaffen eine rechtssichere Grundlage. Dadurch entstehen keine Unsicherheiten in Bezug auf Arbeitszeiten und Ruhepausen.

Übersichtliche Berichte erleichtern die Personalplanung. Unternehmen erkennen frühzeitig Engpässe oder unausgeglichene Arbeitszeiten und können rechtzeitig gegensteuern. Auch die Urlaubsplanung wird effizienter, da Abwesenheiten transparent erfasst und besser koordiniert werden.

Clockodo ist die effiziente Lösung für elektronische Zeiterfassung, die Arbeitszeiten digital, minutengenau und rechtskonform erfasst – im Büro am PC oder mobil per App.

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Was sagt das Gesetz zur Zeiterfassung?

Arbeitszeitgesetz (ArbZG)

Das Arbeitszeitgesetz gilt auch bei Vertrauensarbeitszeit. Arbeitgeber müssen sicherstellen, dass Arbeitszeiten dokumentiert werden. Die Einhaltung von Ruhezeiten und Höchstarbeitszeiten bleibt gesetzlich vorgeschrieben. Verstöße können zu hohen Strafen führen.

EuGH-Urteil zur Arbeitszeiterfassung

Das EuGH-Urteil von 2019 verlangt, dass Unternehmen ein objektives und zuverlässiges Zeiterfassungssystem bereitstellen. Arbeitgeber dürfen die Arbeitszeiterfassung nicht komplett den Mitarbeitern überlassen. Auch bei Vertrauensarbeitszeit besteht die Pflicht zur Zeiterfassung.

Beispiel aus der Rechtspraxis

Unpräzise Zeiterfassung kann zu rechtlichen Konsequenzen führen. Fehlen genaue Aufzeichnungen, drohen Bußgelder oder arbeitsrechtliche Konflikte. Ein aktueller Fall vor dem Hamburger Verwaltungsgericht vom 21. August 2024 verdeutlicht dies:

Ein Unternehmen für Outdoor-Artikel wehrte sich gegen die Aufforderung der Behörde für Justiz und Verbraucherschutz Hamburg, Arbeitszeiten von Mitarbeitern mit Vertrauensarbeitszeit nachzuweisen. Das Unternehmen argumentierte, es „existiere in Deutschland keine gesetzliche Regelung, die eine Arbeitszeiterfassung vorschreibe. Insgesamt fehle es daher an einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage für die [...] Anordnungen” der Behörde.

Das Gericht entschied jedoch, dass Arbeitgeber nach dem geltenden Arbeitszeitgesetz (§ 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG) verpflichtet sind, „ein System einzuführen, mit dem Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Überstunden erfasst werden”. Eine weitere gesetzliche Klarstellung durch den deutschen Gesetzgeber sei hierfür nicht erforderlich. Daher wies das Verwaltungsgericht die Klage größtenteils ab. Es stellte klar, dass das Unternehmen sowohl die geforderten Nachweise erbringen als auch künftig die Arbeitszeiten aller Mitarbeiter gemäß Arbeitsschutzgesetz (§ 22 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 ArbSchG) erfassen muss – explizit auch der Mitarbeiter, die eine Regelung zur Vertrauensarbeitszeit nutzen.

Wie sollten Unternehmen mit Vertrauensarbeitszeit handeln?

Unternehmen profitieren von Vertrauensarbeitszeit, wenn klare Strukturen den Rahmen setzen. Eine offene Kommunikation stellt sicher, dass alle Beteiligten wissen, worauf es ankommt. Verbindliche Regeln zu Arbeitszeiten und Erreichbarkeit schaffen Transparenz und vermeiden Missverständnisse. Zeiterfassung dient nicht der Kontrolle, sondern sorgt für Fairness und einen gerechten Ausgleich von Überstunden. Führungskräfte spielen eine Schlüsselrolle: Sie setzen das Modell um, geben Orientierung und schaffen eine Unternehmenskultur, die Vertrauen und Eigenverantwortung fördert.

Wichtige Maßnahmen für Arbeitgeber

  • Klare Kommunikationsregeln festlegen
  • Zeiterfassung einführen, ohne Kontrolle zu betonen
  • Überstunden sichtbar machen und fair ausgleichen
  • Transparente Regeln zu Arbeitszeiten und Erreichbarkeit kommunizieren
  • Führungskräfte im Umgang mit Vertrauensarbeitszeit schulen

Fazit: Vertrauensarbeitszeit und Zeiterfassung schließen sich nicht aus

Vertrauensarbeitszeit bleibt ein attraktives Modell für Unternehmen und Beschäftigte. Klare Regeln und transparente Richtlinien schaffen die Grundlage für eine erfolgreiche Umsetzung. Zeiterfassung und Vertrauensarbeitszeit stehen nicht im Widerspruch – sie ermöglichen eine gerechte Arbeitsorganisation, ohne die individuelle Freiheit einzuschränken. Vertrauen bildet die Basis, um Flexibilität und Struktur auszubalancieren.

FAQ: Vertrauensarbeitszeit und Zeiterfassung

Ja, auch bei Vertrauensarbeitszeit verlangt das Gesetz eine Erfassung der Arbeitszeit. Das EuGH-Urteil von 2019 verpflichtet Unternehmen, ein objektives und zuverlässiges Zeiterfassungssystem bereitzustellen.

Kollegin KatharinaKatharina Primke

Katharina Primke ist unsere Expertin für Themen rund um den modernen Arbeitsalltag und effiziente Arbeitsorganisation. Mit ihrer umfangreichen Erfahrung als Redakteurin und ihrem akademischen Abschluss in Germanistik betreut sie das Clockodo-Info-Portal. 

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