Was gilt für die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall?
Sowohl für physische als auch für psychische Krankheiten bekommt ein Arbeiter Lohnfortzahlung nach § 3 Entgeltfortzahlungsgesetz. Darunter fällt jedwede Art von Krankheit, vorausgesetzt, sie macht den Mitarbeiter arbeitsunfähig. Mit einem gebrochenen Bein lässt sich telefonieren, aber keine Post austragen. Ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung besteht auch bei Organspende, Blutstammzellspende. Außerdem bei rechtmäßigem Schwangerschaftsabbruch oder Sterilisation sowie zur Kur oder Rehabilitation, die notwendig und vom Sozialträger genehmigt ist.
Aber nicht für jeden Krankheitsfall muss der Arbeitgeber zahlen. Hat der Arbeitnehmer vorsätzlich oder grob fahrlässig gehandelt, ist er selbst schuld. Wer betrunken einen Autounfall hervorruft oder eine Schlägerei anzettelt und dadurch arbeitsunfähig wird, hat keinen Anspruch auf Lohnfortzahlung. Auch wer viel Zeit mit wegen Grippe arbeitsunfähigen Kollegen verbringt und sich ansteckt, hat schlechte Karten. (Extrem-)Sportunfälle sind ein umstrittenes Thema, oft gilt jedoch auch hier: Wer nicht fahrlässig handelt, hat Anspruch auf Lohnfortzahlung.
Kann der Arbeitnehmer Schadenersatz von Dritten beanspruchen, geht der Anspruch auf den Arbeitgeber über (Forderungsübergang bei Dritthaftung, § 6 EntgFZ). Das betrifft vom Arbeitgeber zu tragende Beiträge zur Bundesagentur für Arbeit, Arbeitgeberanteile an Beiträgen zur Sozialversicherung und zur Pflegeversicherung sowie zu Einrichtungen der zusätzlichen Alters- und Hinterbliebenenversorgung. Der verunfallte Arbeitnehmer steht in der Pflicht, seinen Arbeitgeber von der Schuld eines Dritten zu unterrichten.
Wie lang ist die Dauer der Entgeltfortzahlung?
§ 3 des Entgeltfortzahlungsgesetzes regelt genau, wie lange ein Anspruch bei Krankheit besteht:
Der Arbeitgeber ist verpflichtet, dem Mitarbeiter für sechs Wochen beziehungsweise 42 Tage den Lohn bei Krankheit zu zahlen. Für ein und dieselbe Erkrankung mit Unterbrechungen, in denen der Mitarbeiter arbeitet, zählt der Arbeitgeber alle Krankheitstage zusammen. Er muss dann insgesamt für sechs Wochen aufkommen. Die Information, ob dieselbe Krankheit bereits vorlag, holt er sich von der Krankenkasse, meistens über ein Online-Tool.
Diese Zusammenrechnung verfällt, wenn nach Ende der letzten Krankschreibung sechs Monate vergangen sind. Auch bei andauernder Krankheit springt der Arbeitgeber wieder ein: Ist ein ganzes Jahr seit letztem Beginn der Krankheit vergangen, zahlt das Unternehmen erneut für sechs Wochen die Lohnfortzahlung. Für verschiedene Erkrankungen besteht keine Wartefrist und Mitarbeiter haben direkt einen neuen Anspruch.
Erkrankt ein Mitarbeiter beispielsweise für fünf Wochen an Burn-Out, zahlt sein Unternehmen ihm weiterhin den Lohn. Zwei Monate später ist er wieder arbeitsunfähig wegen Burn-Out, diesmal für zwei Wochen. Die erste der beiden Wochen fällt noch in die Zuständigkeit des Arbeitgebers. Danach muss er kein Entgelt mehr zahlen. Fällt der Mitarbeiter allerdings erneut wegen derselben Krankheit aus und zwischen den beiden Ausfällen liegen sechs Monate, steht sein Unternehmen wieder in der Pflicht.
Dauert eine Krankheit neun Monate an, zahlt der Arbeitgeber auch die ersten sechs Wochen. Der Mitarbeiter kehrt für drei Monate zurück und erkrankt erneut, genau ein Jahr nachdem die erste Erkrankung begonnen hat. Hier beginnt die Sechs-Wochen-Frist für den Arbeitgeber von vorne.
Ist ein Mitarbeiter krank zu Hause, beispielsweise wegen eines gebrochenen Arms, und bekommt dann die Grippe, verlängert sich der Zeitraum nicht. Der Arbeitgeber zahlt weiterhin nur sechs Wochen, selbst wenn die Grippe über die Arbeitsunfähigkeit wegen Armbruchs hinausgeht. Dies nennt sich nach BAG-Rechtsprechung „Einheit des Verhinderungsfalls“. Der Arbeitgeber kennt den Krankheitsgrund nicht und darf davon ausgehen, dass es dieselbe Krankheit ist. Eine Fortzahlung für die zweite Periode erreicht ein Arbeitnehmer, indem er sich ein ärztliches Attest (keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung) vom Arzt besorgt.
Endet der Arbeitsvertrag während der Arbeitsunfähigkeit durch die Erkrankung, zum Beispiel durch eine Befristung, endet auch der Anspruch. Eine Kündigung wegen Krankheit ist nur in bestimmten Fällen zulässig. In diesem Fall besteht der Anspruch aber weiter. Genauso bei einer Kündigung durch den Arbeitnehmer wegen Sachverhalten, die der Arbeitgeber verschuldet.
Was passiert mit der Lohnfortzahlung nach sechs Wochen?
Sind die sechs Wochen der Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber vorbei, springt die gesetzliche Krankenkasse ein. Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger, stellen Arbeitnehmer einen Antrag bei der Kasse und erhalten Krankengeld. Dieses ist niedriger als der volle Lohn, die genauen Bedingungen variieren von Krankenkasse zu Krankenkasse.
Privat versicherte Arbeitnehmer erhalten Krankentagegeld, wenn sie eine solche Zusatzversicherung abgeschlossen haben.
Die Regelungen in einem Tarifvertrag können von den gesetzlichen abweichen. Das gilt nur, wenn sie für den Arbeitnehmer günstiger sind als das Gesetz.
Gibt es Lohnfortzahlung für Selbstständige?
Selbstständige und Freelancer stehen in keinem Arbeitsverhältnis. Aus diesem Grund haben sie keinen Anspruch darauf, dass jemand anderes sie bei Arbeitsunfähigkeit bezahlt. Jede selbstständige Person kalkuliert Tage, an denen sie arbeitsunfähig ist, in Einnahmen und Stundensatz mit ein. Über höhere Zahlungen an die gesetzliche Krankenkasse gibt es jedoch auch Krankengeld für Freelancer.