Tarifvertrag

Definition: Was ist ein Tarifvertrag?

In einem Tarifvertrag sind für bestimmte, festgelegte Branchen grundsätzliche Rahmenbedingungen und Regelungen für Arbeitsverhältnisse festgelegt. Die Regeln betreffen Beginn, Ende und Inhalt des Arbeitsvertrages und Vorschriften zur alltäglichen Arbeit. Ein Tarifvertrag dient dem Schutz der Interessen von Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Einen Arbeitsvertrag ersetzt der Tarifvertrag allerdings nicht.

Ein Tarifvertrag hat Vorrang vor individuellen Regelungen im Arbeitsvertrag. Das bedeutet: Wenn im Arbeitsvertrag etwas steht, das im Widerspruch zu einem Tarifvertrag steht, ist diese Regelung ungültig. Der Tarifvertrag gilt automatisch, ohne dass er zusätzlich vereinbart oder vom Arbeitnehmer unterschrieben werden muss. Auch gegenüber einer Betriebsvereinbarung hat ein Tarifvertrag Vorrang.

Tarifverträge müssen schriftlich abgeschlossen und im Tarifregister eingetragen sein, damit sie rechtskräftig sind. Arbeitgeber sind verpflichtet, den Tarifvertrag für alle Mitarbeiter zugänglich zu machen. Die rechtliche Grundlage für Tarifverträge bildet das Tarifvertragsgesetz.

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Was sind die Vorteile eines Tarifvertrags?

Ein Tarifvertrag bringt sowohl für Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber zahlreiche Vorteile mit sich. Durch klare und verbindliche Regelungen schafft er Sicherheit und Fairness in den Arbeitsbeziehungen.

Vorteile für Arbeitnehmer:

  • Bessere Arbeitsbedingungen: Tarifverträge sorgen oft für höhere Löhne, längeren Urlaub und zusätzliche Leistungen wie Weihnachts- oder Urlaubsgeld.
  • Rechtliche Absicherung: Die Regelungen im Tarifvertrag haben Vorrang vor weniger günstigen Vereinbarungen im Arbeitsvertrag und bieten somit einen starken Schutz.
  • Transparenz: Durch festgelegte Entgeltgruppen und klare Arbeitszeitregelungen wissen Arbeitnehmer genau, was ihnen zusteht.
  • Stärkung der Verhandlungsposition: Tarifverträge werden von Gewerkschaften ausgehandelt, die die Interessen der Arbeitnehmer kollektiv vertreten.

Vorteile für Arbeitgeber:

  • Rechtssicherheit: Ein Tarifvertrag schafft verbindliche Regelungen, die Rechtsstreitigkeiten minimieren können.
  • Planungssicherheit: Arbeitgeber können ihre Personalkosten besser kalkulieren, da Löhne und Gehälter für eine bestimmte Laufzeit festgelegt sind.
  • Gerechte Arbeitsbedingungen: Einheitliche Regelungen fördern den Betriebsfrieden und steigern die Zufriedenheit der Mitarbeiter.
  • Wettbewerbsvorteile: Unternehmen, die tarifgebunden sind, können als attraktive Arbeitgeber wahrgenommen werden und qualifizierte Fachkräfte leichter gewinnen.

Für wen gilt ein Tarifvertrag?

Gilt ein Tarifvertrag für alle Mitarbeiter? Ein Tarifvertrag gilt grundsätzlich für alle Arbeitnehmer und Arbeitgeber, die Mitglieder der tarifschließenden Parteien sind. Das bedeutet:

Arbeitnehmerseite:

  • Arbeitnehmer, die Mitglied in jener Gewerkschaft sind, die den Tarifvertrag ausgehandelt hat, profitieren direkt von den Regelungen des Tarifvertrags.
  • In vielen Fällen wenden Arbeitgeber die tariflichen Regelungen jedoch auch auf Nicht-Gewerkschaftsmitglieder im Unternehmen an. Dies geschieht häufig freiwillig oder durch sogenannte Bezugnahmeklauseln im Arbeitsvertrag.

Arbeitgeberseite:

  • Arbeitgeber, die Mitglied in jenem Arbeitgeberverband sind, der den Tarifvertrag abgeschlossen hat, sind verpflichtet, die tariflichen Regelungen anzuwenden.
  • Ein Tarifvertrag kann auch für einzelne Unternehmen gelten, wenn sie selbst als Arbeitgeberpartei den Vertrag mit der Gewerkschaft geschlossen haben.

Allgemeinverbindlichkeit:

  • Ein Tarifvertrag kann für alle Arbeitnehmer und Arbeitgeber einer Branche oder Region gelten, wenn er durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) für allgemeinverbindlich erklärt wurde. In diesem Fall gilt der Tarifvertrag auch für nicht organisierte Arbeitnehmer und Arbeitgeber.

Ein Tarifvertrag gilt für die beiden Tarifvertragsparteien nach § 2 Tarifvertragsgesetz: Eine Tarifbindung erfolgt durch die Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft beziehungsweise einem Arbeitgeberverband. Arbeitgeber können auch einen Tarifvertrag direkt mit einer Gewerkschaft schließen. Ein solcher Vertrag gilt also nur, wenn Arbeitnehmer und Arbeitgeber Mitglied sind.

Mitarbeitern ohne Gewerkschaftszugehörigkeit können Arbeitgeber anbieten, im individuellen Arbeitsvertrag auf die Gültigkeit des Tarifvertrages hinzuweisen. So verhindern sie Unzufriedenheit und weitere Beitritte zur Gewerkschaft.

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann nach § 5 Tarifvertragsgesetz einen Tarifvertrag für allgemeingültig erklären, wenn dieser im öffentlichen Interesse ist. Die Allgemeingültigkeit kann auch wieder aufgehoben werden. Ein allgemeingültiger Tarifvertrag gilt für alle davon betroffenen Arbeitsverhältnisse, auch wenn sie eigentlich nicht tarifgebunden sind.

Damit Arbeitnehmer wissen, dass ein Tarifvertrag für sie gilt, muss der Arbeitgeber anwendbare Verträge im Betrieb bekanntgeben.

Tarifvertrag Geltungsbereiche

Was regeln Tarifverträge?

Sie regeln den Mindeststandard verschiedener Arbeitsbereiche:

  • den Lohn
  • die Höhe von Sonderzahlungen
  • die Arbeitszeiten inklusive Höchstarbeitszeit und Pausen
  • den Urlaubsanspruch
  • die Arbeitsbedingungen
  • den Beginn von Arbeitsverhältnissen
  • die Kündigungen
  • die Länge des Tarifvertrages

In einem firmenübergreifenden Tarifvertrag für eine ganze Branche gilt der Lohn dann als Branchenmindestlohn. Dieser muss mindestens so hoch sein wie der gesetzliche Mindestlohn.

Die Friedenspflicht ist ebenfalls Bestandteil von Tarifverträgen. Sie verbietet Streiks für Arbeitnehmer, die dem Vertrag unterstehen, und kann auch für bestimmte Zeiträume gelten. Eine sogenannte relative Friedenspflicht verbietet nur Streiks gegen Bestandteile des Tarifvertrags.

Welche Arten von Tarifverträgen gibt es?

Verschiedene Gruppen von Arbeitgebern können neben Gewerkschaften Partei eines Tarifvertrages sein:

  • Ein Verbandstarifvertrag oder Flächentarifvertrag gilt für eine bestimmte Branche in einem festgelegten Gebiet.
  • Haus- oder Firmentarifverträge gelten für eine bestimmte Firma, die den Vertrag abschließt.
  • Auch firmenbezogene Tarifverträge gelten nur für das Unternehmen. Sie werden jedoch zwischen Gewerkschaft und Arbeitgeberverband geschlossen.
  • Mehrgliedrige Tarifverträge werden mit mehreren Gewerkschaften und / oder Arbeitgeberverbänden geschlossen.
  • Konzerntarifverträge gelten für den gesamten Konzern mit allen dazugehörigen Unternehmen.

Inhaltlich unterscheiden sich Tarifverträge wie folgt:

Vergütungs- und Entgelttarifverträge

Diese Tarifverträge legen die Bezahlung der Arbeitnehmer fest, einschließlich der Grundvergütung, Zuschläge und weiterer Gehaltsbestandteile. Sie regeln oft auch die Entgeltgruppen, in die Arbeitnehmer je nach Qualifikation oder Tätigkeit eingeordnet werden. Da Löhne und Gehälter regelmäßigen Anpassungen unterliegen, haben Vergütungs- und Entgelttarifverträge meist eine kürzere Laufzeit, oft zwischen 12 und 24 Monaten.

Manteltarifvertrag

Der Manteltarifvertrag regelt übergeordnete, allgemeine Arbeitsbedingungen und organisatorische Rahmenbedingungen. Dazu gehören beispielsweise Arbeitszeiten, Urlaubsansprüche, Kündigungsfristen und Regelungen zu Arbeits- und Pausenzeiten. Diese Verträge haben oft eine längere Laufzeit als Vergütungstarifverträge, da ihre Inhalte seltener angepasst werden müssen. Der Manteltarifvertrag schafft somit eine stabile Grundlage für das Arbeitsverhältnis.

Anschlusstarifvertrag

Ein Anschlusstarifvertrag wird abgeschlossen, wenn ein bestehender Tarifvertrag ausläuft und die Verhandlung eines neuen Vertrages mehr Zeit benötigt. Er dient dazu, die Regelungen des alten Tarifvertrags vorübergehend weiter gelten zu lassen, bis ein neuer Tarifvertrag vereinbart wird. Damit verhindert ein Anschlusstarifvertrag eine tariflose Zeit und sorgt für Kontinuität bei den Arbeitsbedingungen.

Wie lange ist ein Tarifvertrag gültig?

Ein Tarifvertrag hat eine im Vorfeld festgelegte Laufzeit. Läuft ein Tarifvertrag aus, gilt er für Arbeitnehmer weiter, die bereits zuvor beschäftigt waren (§ 4 Tarifvertragsgesetz). Das gilt solange, bis neue Regelungen getroffen sind. Auch wenn ein Arbeitgeber aus dem Verband austritt, bleiben die Bedingungen von geschlossenen und laufenden Tarifverträgen bestehen. Der Vertrag kann nur von Seiten der Gewerkschaft oder des Arbeitgeberverbandes aufgelöst werden.

Geht ein Betrieb in einen anderen über, gelten für die Arbeitnehmer auch hier weiterhin die Tarifverträge. Allerdings werden Änderungen, die danach geschehen, nicht übernommen. Diese Übergangsfrist läuft außerdem nur für ein Jahr.

Wann sind Abweichungen vom Tarifvertrag erlaubt?

Abweichungen von den Regelungen im Tarifvertrag sind nach § 4 Tarifvertragsgesetz dann erlaubt, wenn sie zugunsten des Arbeitnehmers gehen. Sie müssen dann einzelvertraglich festgehalten werden. Der Arbeitnehmer wird allgemein als der schwächere Part angesehen. Allerdings können auch Änderungen zugunsten des Arbeitgebers gemacht werden, wenn der Tarifvertrag das in einer Öffnungsklausel zulässt.

Beispiel Tarifvertrag

Kim arbeitet in einem Unternehmen, das Mitglied in einem Arbeitgeberverband ist. So hat sie das Glück, dass für sie ein Tarifvertrag gilt. Dieser Vertrag sieht mindestens 30 Tage Urlaub vor und einen Mindestlohn von 13 Euro pro Stunde.

In ihrem Arbeitsvertrag hat Kim noch mehr Glück: Dort sind 31 Tage Urlaub und eine Vergütung von 14 Euro pro Stunde vorgesehen. Da ihr Arbeitsvertrag zu ihren Gunsten ausfällt, gelten diese Regelungen und nicht die schlechteren aus dem Tarifvertrag.

Als der Tarifvertrag ausläuft, wird ein neuer beschlossen, der 32 Tage Urlaub vorsieht. Kim hat auch Anspruch auf diese 32 Tage und weiterhin auf ihre höhere Vergütung.

Was bedeutet Tarifautonomie?

Tarifautonomie beschreibt das grundlegende Prinzip, dass Tarifverträge ausschließlich zwischen den beiden beteiligten Tarifparteien – also den Gewerkschaften auf Arbeitnehmerseite und den Arbeitgeberverbänden oder einzelnen Arbeitgebern auf der anderen Seite – ausgehandelt werden. Dieses Prinzip ist ein zentraler Bestandteil der sozialen Marktwirtschaft in Deutschland und im Grundgesetz (Artikel 9 Abs. 3) verankert.

Freiheit von staatlichem Einfluss 

Im Rahmen der Tarifautonomie gestalten die Tarifparteien Arbeitsbedingungen und Entgelte unabhängig von staatlichem Einfluss. Das bedeutet, weder die Regierung noch Gerichte oder andere Institutionen dürfen direkt in die Verhandlungen eingreifen oder Inhalte eines Tarifvertrags bestimmen. Die Tarifautonomie schützt somit das Verhandlungsrecht der Sozialpartner und garantiert, dass die Inhalte der Tarifverträge ausschließlich durch Verhandlungen der beteiligten Parteien entstehen.

Ziel der Tarifautonomie 

Das Ziel der Tarifautonomie ist es, faire und branchenspezifische Regelungen zu schaffen, die den Bedürfnissen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern gleichermaßen gerecht werden. Durch das Prinzip der Verhandlungsgleichheit wird sichergestellt, dass die Bedingungen für alle Beteiligten ausgewogen und flexibel gestaltet werden können. Besonders wichtig ist hierbei, dass Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände als Interessenvertretungen gleichberechtigt und eigenverantwortlich handeln.

Trotz ihrer weitreichenden Freiheit unterliegt die Tarifautonomie gewissen rechtlichen Rahmenbedingungen. Die Inhalte der Tarifverträge dürfen nicht gegen geltendes Recht verstoßen, beispielsweise gegen arbeitsrechtliche Mindeststandards wie den gesetzlich vorgeschriebenen Mindestlohn.

Ist das Modell Tarifvertrag zukunftsfähig?

Tarifverträge haben traditionell eine zentrale Rolle in der Gestaltung von Arbeitsbedingungen gespielt. Angesichts des Wandels in der Arbeitswelt stehen sie jedoch vor neuen Herausforderungen.

Herausforderungen und Zukunftsperspektiven:

  • Rückgang der Tarifbindung: Immer weniger Betriebe sind tarifgebunden, was die kollektive Verhandlungsmacht schwächt.
  • Anpassung an moderne Arbeitswelten: Die Digitalisierung und flexible Arbeitsmodelle erfordern eine Modernisierung der Tarifverträge. Zukünftige Tarifverträge müssen Aspekte wie Homeoffice, agile Arbeitsmethoden und eine zeitgemäße Work-Life-Balance berücksichtigen, um den Bedürfnissen der heutigen Arbeitskräfte gerecht zu werden.
  • Stärkung der Tarifbindung: Initiativen von Gewerkschaften wie ver.di sollen mehr Arbeitgeber zur Tarifbindung motivieren.

Das Modell des Tarifvertrags bleibt relevant, muss sich jedoch kontinuierlich an die sich verändernden Bedingungen der Arbeitswelt anpassen. Durch innovative Ansätze und eine stärkere Einbindung moderner Arbeitsformen können Tarifverträge auch in Zukunft eine bedeutende Rolle im Arbeitsrecht spielen.

Anna GeislerAnna Geisler

Anna Geisler ist unsere Expertin für Themen rund um einen entspannten Arbeitsalltag und modernes Zeitmanagement. Mit ihrer vielfältigen Erfahrung als Online-Redakteurin und ihrem akademischen Hintergrund betreut sie das Clockodo-Info-Portal.

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