Reisezeit gleich Arbeitszeit? So regelt es das Arbeitsrecht

Im Zug, im Flugzeug, mit dem Auto oder zu Fuß – Reisezeit zu Arbeitsterminen fällt in deutschen Firmen häufig an. Kundentermine, Messebesuche sowie Vorträge und Weiterbildungen sind der Grund dafür, dass Arbeitnehmer einen oder mehrere Tage nicht vor Ort arbeiten. Aber wann zählt die Reisezeit auch als Arbeitszeit?

Dienstreise mit dem Zug

Definition: Ist Reisezeit immer Arbeitszeit?

Ob die Fahrzeit bei Dienstreisen als Arbeitszeit gilt, hängt von der Uhrzeit, dem gewählten Verkehrsmittel und den Anweisungen des Vorgesetzten ab. Laut Bundesarbeitsgericht (BAG) gilt die Beanspruchungstheorie. Das bedeutet, dass der Grad der Beanspruchung des Arbeitnehmers während der Reise entscheidend ist. 
Die Reisezeit wird als Arbeitszeit anerkannt, wenn der Mitarbeiter während der Fahrt so in Anspruch genommen wird, dass eine Einstufung als Arbeitszeit gerechtfertigt ist. 

Was ist der Unterschied zwischen einer Dienstreise, einem Dienstgang und Wegezeiten?

Eine Dienstreise liegt vor, wenn ein Mitarbeiter mit einer festen Arbeitsstätte für die Firma an einem weiter entfernten Ort tätig wird. Ein kurzer Weg in der Nähe des Firmengeländes, etwa zu einem nahegelegenen Kunden, zählt hingegen als Dienstgang und nicht als Dienstreise. Entscheidend ist eine gewisse räumliche Entfernung, deren Mindestmaß je nach Situation unterschiedlich sein kann. Hier wird beispielsweise berücksichtigt, ob der Mitarbeiter Stadtgrenzen überschreitet. 

Die tägliche Fahrt vom Wohnort zur regulären Arbeitsstätte gilt nicht als Dienstreise und zählt nicht zur Arbeitszeit, sondern als Wegezeit. Anders sieht es aus, wenn der Mitarbeiter direkt zu einer entfernten Niederlassung fährt, insbesondere wenn diese Strecke länger ist als der übliche Arbeitsweg.

Arbeitszeitgesetz: Was ist die maximale Arbeitszeit auf Reisen?

Auch auf Dienstreisen gilt das Arbeitszeitgesetz. Das bedeutet: Die maximale Arbeitszeit beträgt nach § 3 ArbZG acht Stunden. Mit Überstunden kann sie auf maximal zehn Stunden verlängert werden. Innerhalb von sechs Monaten oder 24 Wochen darf die durchschnittliche Arbeitszeit jedoch nicht mehr als acht Stunden pro Tag betragen.

Am Tag darf die Arbeitszeit nicht über zehn Stunden betragen und zwischen zwei Tagen sind elf Stunden Ruhezeit einzuhalten. Bei sechs bis neun Stunden Arbeitszeit stehen dem Angestellten 30 Minuten Pause zu, bei über neun Stunden 45 Minuten Pause. Eine Arbeitszeit von beispielsweise 12 Stunden ist also rechtlich auch auf Dienstreisen nicht erlaubt. 

Reisezeit während der normalen Arbeitszeit

Reisezeit während der regulären Arbeitszeit mit dem Auto, Zug oder Flugzeug gilt als Arbeitszeit. Dies gilt auch, selbst wenn der Mitarbeiter während der Fahrt keine beruflichen Aufgaben erledigt und keine speziellen Anweisungen vom Vorgesetzten erhält. 

Beispiel

Lisa arbeitet täglich von 8 Uhr bis 16.30 Uhr. Sie fährt mit dem Zug zu einem Vortrag, den sie hält, und ist von neun bis 15 Uhr unterwegs. Die Hin- und Rückfahrt beträgt jeweils eine Stunde.

Die Reisezeit fällt in ihre normale Arbeitszeit und gilt somit auch als diese. Während der Zugfahrt entspannt sie sich und erledigt keine Aufgaben für die Arbeit. 

Reisezeit außerhalb der normalen Arbeitszeit

Reisen Arbeitnehmer außerhalb der normalen Arbeitszeit, ist das Verkehrsmittel sowie die Anordnung des Chefs entscheidend.

Ist Reisezeit mit dem Auto Arbeitszeit? 


In diesem Fall kommt es darauf an, ob die Reisezeit mit dem Auto auf Anordnung, freiwillig oder als Beifahrer stattfindet. 

Ordnet der Chef an, außerhalb der Arbeitszeit mit dem Auto anzureisen, gilt die Reisezeit als Arbeitszeit. Der Angestellte hat in dem Fall keine Freizeit, sondern erfüllt eine zugeteilte Aufgabe. Für Beifahrer gilt dies nicht, denn sie haben Zeit, sich während der Fahrt zu erholen. Für sie ist die Reisezeit in dem Fall keine Arbeitszeit.
Wenn der Arbeitgeber dem Mitarbeiter die Wahl des Verkehrsmittels überlässt und der Arbeitnehmer sich selbst für die Fahrt mit dem Auto entscheidet, gilt die Reisezeit nicht als Arbeitszeit. Der Mitarbeiter hätte sich im Zug ausruhen können und verzichtet freiwillig darauf. Eine Ausnahme besteht, wenn die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel erheblich länger oder komplizierter wäre.

Beispiel

Martin fährt donnerstagabends um 19 Uhr auf Anweisung seines Chefs mit dem Firmenwagen von Münster nach Dortmund. Er ist der Fahrer und es handelt sich bei seiner Fahrtzeit um Arbeitszeit. Sein Kollege Lars sitzt als Beifahrer passiv neben ihm und döst. Statt Arbeitszeit handelt es sich bei ihm um Ruhezeit.

Eine Woche später fährt Martin um 6 Uhr mit seinem eigenen Auto zu einer Messe. Sein Chef hätte ihm auch ein Zugticket gekauft, doch Martin fand die Anreise mit dem eigenen Auto entspannter. Seine Reisezeit zählt nicht als Arbeitszeit. 

Dienstreise mit dem Auto

Ist Reisezeit mit dem Zug oder Flugzeug Arbeitszeit?

Reisezeit mit dem Zug oder Flugzeug außerhalb der regulären Arbeitszeiten gilt nicht als Arbeitszeit, wenn keine Arbeitsaufträge des Vorgesetzen erfolgen. Der Mitarbeiter kann sich nämlich während der Reisezeit erholen. Sie gilt als passive Reisezeit. Arbeitet der Mitarbeiter freiwillig in dieser Zeit, ist dies sein eigener Wunsch und er schlägt von sich aus die Erholungszeit aus. Erhält der Angestellte jedoch Arbeitsaufträge, die er während der Reisezeit erledigen soll, gilt die Reisezeit wiederum als Arbeitszeit.

 

Beispiel

Nina hat von ihrem Chef den Auftrag erhalten, eine Tagesmesse zu besuchen. Damit sie schnell vor Ort ist, erhält sie von ihm Flugtickets für die Hin- und Rückreise. Die Flugzeit beträgt 1,5 Stunden. Ihr Chef erteilt Nina für diese Zeit Arbeitsaufgaben. Daher zählt die Dauer des Fluges ebenfalls als Arbeitszeit.

Dienstreise mit dem Flugzeug

Was gilt für die Arbeitszeit bei Fortbildungen?

Was gilt bei einer Dienstreise an einem Sonntag?

Für Reisezeit an einem Sonntag gelten die gleichen Regelungen wie bei Reisezeit außerhalb der Arbeitszeit. Zusätzlich müssen Arbeitgeber aber die gesetzlichen Regelungen zur Sonntagsarbeit beachten:  
Mitarbeiter, die an einem Sonntag arbeiten, haben gemäß Arbeitszeitgesetz Anspruch auf einen freien Ausgleichstag. Dieser muss innerhalb von zwei Wochen vor oder nach dem Arbeitssonntag gewährt werden, um dem Mitarbeiter Erholung zu gewährleisten. Zudem sind mindestens 15 beschäftigungsfreie Sonntage pro Jahr vorgeschrieben.

Lesen Sie alles rund um das Thema Sonntagsarbeit in unserem Lexikonbeitrag.

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Ist Reisezeit zu einer Fortbildung oder einem Seminar Arbeitszeit?

Eine Fortbildung gilt als Arbeitszeit, wenn sie vom Arbeitgeber veranlasst wurde. Findet die Fortbildung nicht online statt, so wird die notwendige Reisezeit ebenfalls als Arbeitszeit bewertet. Bei der Reise zu einer Fortbildung gelten dieselben Regelungen wie für oben bereits beschriebene Reisezeiten. 

Entscheidet sich ein Mitarbeiter aus eigener Motivation dazu, an einer Fortbildung teilzunehmen, so gilt die aufgewendete Zeit nicht als Arbeitszeit. Eine Ausnahme bilden Dienstverträge, in denen festgelegt ist, dass jede Fortbildung Arbeitszeit ist.

Reisezeit bei einer mehrtägigen Dienstreise

Während einer mehrtägigen Dienstreise mit Übernachtungen zählt nur die Zeit, in der tatsächlich gearbeitet wird, als Arbeitszeit. Dazu gehören Meetings, Telefonate sowie deren Vor- und Nachbereitung. Auch geschäftliche Abendessen mit Kunden gelten als Arbeitszeit, wenn dabei berufliche Themen besprochen werden. Zeiten wie Hotelübernachtungen, private Abendessen oder Freizeitaktivitäten wie Sightseeing fallen unter die gesetzlich vorgeschriebene Ruhezeit und gelten nicht als Arbeitszeit. Angestellten stehen auf Dienstreisen weiterhin mindestens 11 Stunden Ruhezeit zu. Also ist eine Dienstreise mit Übernachtung nicht vollständig Arbeitszeit

Beispiel

Hannah nimmt von Montag bis Mittwoch an einer Dienstreise teil. Während dieser Zeit fallen einige Meetings an. Für diese bereitet sie jeden Abend auf ihrem Hotelzimmer Präsentationen vor. Diese Zeit gilt als Arbeitszeit. Mittags trifft sie sich mit anderen Teilnehmern der Tagung zum Lunch. Da sie in dieser Zeit aber nicht über die Arbeit reden, zählt das Essen nicht als Geschäftsessen und somit nicht als Arbeitszeit.  Anders verhält es sich am letzten Abend bei einem Geschäftsessen, das Arbeit und Essen verbindet. Dieses zählt wiederum als Arbeitszeit. Hannahs Hotelübernachtungen zählen als Ruhezeit.  

Lesen Sie alle wichtigen Informationen zum Thema Dienstreise in unserem Lexikonbeitrag!

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Ist Reisezeit ins Ausland Arbeitszeit?

Reisezeit ins Ausland ist Arbeitszeit. Das hat das Bundesarbeitsgericht in einem Urteil vom 17. Oktober 2018 festgelegt. In diesem speziellen Fall ging es um eine viertägige Dienstreise nach China. Der Arbeitgeber hatte dem Arbeitnehmer pro Tag acht Stunden gutgeschrieben. Das Gericht urteilte, hier sei stattdessen die gesamte Reisezeit anzurechnen.
Für eine Dienstreise ins Ausland lässt sich festhalten: Die Reisezeit ist Arbeitszeit, wenn sie so vom Arbeitgeber angeordnet ist. Solange in einem Arbeitsvertrag nichts anderes geregelt ist, steht damit dem Arbeitnehmer stets die Vergütung von Reisezeiten bei Auslandseinsatz zu.

Wann zählt Reisezeit als Arbeitszeit?

Reisezeiten bei bestimmten Berufsgruppen

Eine Besonderheit sind Jobs, bei denen das Reisen automatisch zur Erfüllung der Aufgaben gehört. Fährt ein Vertriebler im  Außendienst von einem Kunden zum nächsten, gehört das zur Arbeitszeit. Ebenso wie bei Handwerkern, die sich morgens im Betrieb sammeln und dann zum Kunden oder auf Montage fahren.

Kommen Handwerker von zu Hause direkt zur Baustelle, ist dies nicht automatisch Arbeitszeit. Das liegt daran, dass der normale Arbeitsweg nicht zur Arbeitszeit gehört. Eine Betriebsvereinbarung oder ein Tarifvertrag dürfen andere Regelungen für Fahrtzeiten und Arbeitszeiten enthalten. Für Berufskraftfahrer steckt es im Namen: Sie sind für das Fahren eingestellt und somit ist diese Zeit auch Arbeitszeit.

Wie wird Reisezeit vergütet?

Reisezeiten, die im Rahmen von vom Arbeitgeber angeordneten Dienstreisen anfallen, sind grundsätzlich zu vergüten. Dies gilt unabhängig davon, ob die Reisezeit die übliche tägliche Arbeitszeit oder die im Arbeitszeitgesetz festgelegte Höchstgrenze von 10 Stunden überschreitet. Das Arbeitszeitgesetz dient dem Schutz der Arbeitnehmer vor Überlastung. Es hindert den Arbeitgeber nicht daran, mehr als acht beziehungsweise zehn Stunden pro Tag zu vergüten. Auch wenn die Reise mit dem Zug, Flugzeug oder als Mitfahrer im Pkw erfolgt, ändert dies nichts an der Verpflichtung zur Vergütung der Reisezeit.

Wird ein Arbeitnehmer auf Anweisung seines Arbeitgebers auf eine Dienstreise geschickt, erfolgt diese Reise ausschließlich im Interesse des Arbeitgebers. Die für die Hin- und Rückreise erforderliche Zeit ist daher wie reguläre Arbeitszeit zu behandeln und entsprechend zu vergüten. Dies gilt unabhängig von der Art der Fortbewegung oder der Dauer der Reise. Entscheidend ist, dass der Arbeitnehmer die Reise im Auftrag des Arbeitgebers unternimmt und sie nicht seinem privaten Interesse dient.

Wie kann ich auch auf Reisen Arbeitszeit erfassen?

Zeiterfassungssysteme für die Arbeitszeit zeigen genau auf, welcher Mitarbeiter wann an welcher Aufgabe arbeitet. So können Sie und Ihre Mitarbeiter bestimmte Zeiten als Fahrtzeit deklarieren und einen genauen Überblick erhalten. Durch einen Zeitstempel sehen Sie, wann ein Angesteller Reisezeit gebucht hat und rechnen diese dementsprechend ab.

Clockodo übernimmt sowohl die Arbeitszeiterfassung als auch die Projektzeiterfassung für Sie. Mitarbeiter buchen ihre Zeiten direkt für ein Projekt und tragen zum Beispiel die Fahrtzeit im System ein. Das Tool funktioniert am PC und als App, für Windows und Android genauso wie für Mac und iPhone.

Mit unserer Zeiterfassung Clockodo erfassen Sie Ihre Arbeitszeit auch auf Reisen – ganz einfach per App über den Laptop oder das Smartphone.

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Fazit

Die Behandlung von Reisezeit als Arbeitszeit ist im Arbeitsrecht klar geregelt und hängt von verschiedenen Faktoren wie der Art der Reise, dem Verkehrsmittel und den Anweisungen des Arbeitgebers ab. Grundsätzlich gilt: Reisezeit, die im Auftrag des Arbeitgebers und ausschließlich in dessen Interesse erfolgt, zählt zur Arbeitszeit und ist entsprechend zu vergüten. Dies trifft insbesondere auf Dienstreisen zu, unabhängig davon, ob sie während oder außerhalb der regulären Arbeitszeit stattfinden.

Dabei spielen die Umstände der Reise eine wichtige Rolle. Wird ein Arbeitnehmer während der Reise aktiv beansprucht, etwa durch Arbeitsaufträge, gilt die Zeit als Arbeitszeit. Für passive Reisezeiten, etwa als Beifahrer oder während des Aufenthalts in einem Verkehrsmittel ohne Arbeitsaufträge, kann dies anders gehandhabt werden. Auch das Arbeitszeitgesetz setzt Grenzen für die tägliche Arbeitszeit, schützt jedoch nicht vor einer zusätzlichen Vergütung längerer Reisezeiten.

Insbesondere bei Auslandsreisen stellt das Bundesarbeitsgericht klar, dass die gesamte Reisezeit als Arbeitszeit zu werten ist, sofern keine anderslautenden Vereinbarungen existieren. 

Für besondere Berufsgruppen wie zum Beispiel Außendienstmitarbeiter oder Berufskraftfahrer gelten spezifische Regeln, die oft durch Betriebsvereinbarungen oder Tarifverträge ergänzt werden. Unabhängig von der genauen Regelung bleibt entscheidend, dass Reisezeiten, die im Zusammenhang mit der Erfüllung beruflicher Aufgaben stehen, nicht auf Kosten des Arbeitnehmers gehen dürfen.

Anna GeislerAnna Geisler

Anna Geisler ist unsere Expertin für Themen rund um einen entspannten Arbeitsalltag und modernes Zeitmanagement. Mit ihrer vielfältigen Erfahrung als Online-Redakteurin und ihrem akademischen Hintergrund betreut sie das Clockodo-Info-Portal.

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