Bewerbungsgespräche sind wie ein Mythos. Viele Gerüchte kreisen um sie, Bewerber fürchten sich vor ihnen und geben die größten Schauergeschichten hinter vorgehaltener Hand weiter. Doch auch Arbeitgebern fällt ein Vorstellungsgespräch nicht leicht. Sie stellen sich als Unternehmen genauso vor wie die Kandidaten und machen sich im Vorfeld Gedanken über den Ablauf. Die richtige Strategie rettet die Situation, die richtigen Fragen bringen Chef und passenden Mitarbeiter zusammen. Ein Bewerbungsgespräch zu führen bedarf lediglich guter Vorbereitung, zum Beispiel mit einem vorbereiteten Gesprächsleitfaden.
Das Schema, mit dem Sie jedes Bewerbungsgespräch richtig führen, ist immer dasselbe. Vier Phasen unterteilen das Gespräch zwischen Bewerber und Arbeitgeber in eigene Sinnabschnitte: die Einleitung, die Vorstellung des Unternehmens, die Vorstellung des Bewerbers und den Schluss.
Einleitung
Die Einleitung bietet Ihnen als Gesprächsführer die Möglichkeit, eine angenehme Atmosphäre zu schaffen. Smalltalk über die Anfahrt oder das Wetter brechen das Eis und geben dem Bewerber Gelegenheit, sich zu akklimatisieren. Alle Beteiligten finden ihren Platz, der Gesprächsführer bietet dem Bewerber ein Getränk an und alle holen ihre Notizen hervor, bevor Sie als Arbeitgeber das Bewerbungsgespräch richtig führen.
Hauptteil
Der Hauptteil besteht als erstes aus der Vorstellung des Unternehmens. Die ersten Minuten ist der Bewerber nervös und Chefs umschiffen die ersten Klippen damit, sich zunächst selbst vorzustellen. Ein Bewerbungsgespräch führen bedeutet, diese Führung auch zu übernehmen. Die Personen des Unternehmens nennen ihre Namen und ihre Positionen und ergänzend ein paar ihrer täglichen Aufgaben. Danach erzählen Sie vom Unternehmen insgesamt und gehen im Anschluss auf die zukünftigen Aufgaben des Bewerbers ein. Dazu gehört auch die Größe und Struktur des Teams. Besonderheiten wie Möglichkeiten zu Weiterbildungen oder regelmäßige Teamevents finden hier ebenfalls ihren Platz. Sie als Unternehmen müssen den Bewerber auch von sich überzeugen, ansonsten nimmt er ein anderes Jobangebot wahr.
Hauptteil 2
Der zweite Part des Hauptteils beinhaltet die Vorstellung des Kandidaten. Sie leiten ein, indem Sie eine offene Frage oder Aufforderung stellen. „Erzählen Sie uns mal von Ihrem Werdegang“ ist ein beliebter Einstieg. Der Bewerber hat die Möglichkeit, Entscheidungen zu begründen und seine liebsten Tätigkeiten aufzuzählen. Von hier gehen Sie tiefer ins Detail und stellen die Fragen, die Ihnen den umfassendsten Eindruck des Gegenübers geben. Arbeiten Sie sich am Lebenslauf des Kandidaten entlang und finden heraus, ob er geeignet ist und zum Team passt. In einem Bewerbungsgespräch führen Sie einen Dialog. Geben Sie dem Bewerber also ausreichend Zeit für seine Antworten. Dabei gibt es jedoch „klassische“ Fragen, die Sie gut und gerne gegen andere austauschen können, die im nächsten Abschnitt stehen.
Schluss
Zum Schluss fragen Sie den Bewerber, ob er noch Fragen hat. Beantworten Sie diese wahrheitsgemäß. Dann erklären Sie den weiteren Vorgang: Gibt es ein zweites Vorstellungsgespräch oder ein Probearbeiten? Wann melden Sie sich und wie? Abschließend bedanken Sie sich für das Gespräch, zeigen eventuell noch die Räumlichkeiten und begleiten den Kandidaten zur Tür. Auf dem Weg führen Sie noch etwas Smalltalk über die Rückfahrt und verabschieden sich dann.
Welche Fragen stellen Arbeitgeber lieber nicht im Bewerbungsgespräch?
Die meisten Menschen kennen die typischen Fragen, mit denen zukünftige Arbeitgeber ihre Motivation und Stärken herausfinden möchten. Das ist das Problem für Unternehmen: Bewerber erwarten solche Fragen im Vorstellungsgespräch und legen sich im Vorfeld ihre Antworten zurecht. In allererster Linie bewerben sich Menschen um einen Job, um ihre Kosten zu decken. Überlegen Sie sich, was Sie tatsächlich erfahren möchten. Folgende neun Fragen lassen sich durch offenere, gewinnbringendere Fragen ersetzen, wenn Sie ein Bewerbungsgespräch führen:
1) Warum haben Sie sich bei uns beworben?
„Weil ich meine Miete bezahlen muss“ wäre die ehrliche Antwort vieler Bewerber. Fragen Sie sich, worauf Sie mit dieser Frage abzielen. Sie stellen sie, um zu ergründen, was dem Kandidaten am Unternehmen oder der Stelle zusagt. Gehen Sie explizit darauf ein und wählen konkretere Fragen. Zum Beispiel: „Was stand in der Stellenausschreibung, was Sie angesprochen hat?" oder „Wieso bewerben Sie sich auf eine Stelle so weit weg von ihrer alten?“.
2) Was sind Ihre Stärken und Schwächen?
Auf diese Frage legen sich 99 Prozent der Bewerber eine Antwort zurecht, die sie vor dem Vorstellungsgespräch gut abwiegen. Sie suchen Schwächen heraus, die sie im zweiten Satz als Stärken verkaufen, oder nennen solche, die mit dem Job nichts zu tun haben. Auch die Stärken sind genau auf die Stellenausschreibung zugeschnitten. Fragen Sie lieber danach, welche Aufgabe dem Kandidaten bisher am meisten Freude bereitet hat. Das ist seine Stärke. Auf „Welche Aufgaben würden sie in einem neuen Job nicht vermissen?“ antwortet er mit seiner Schwäche. Denn was er nicht gerne macht, erledigt er halbherzig.
3) Was haben Sie für eine Ausbildung gemacht?
Zunächst ist es Ihre Aufgabe, den Lebenslauf zu kennen, wenn Sie das Bewerbungsgespräch führen. Fragen Sie nicht nach Dingen, die in der Bewerbung stehen. Stattdessen bringen Sie in Erfahrung, welche Schwerpunkte in der Ausbildung oder im Studium am meisten Freude bereitet haben. Der Kandidat erzählt hoffentlich mit Begeisterung, woran er gerne arbeitet, und führt die Geschichte aus, sodass Sie ihn auf einer persönlichen Ebene kennenlernen.
4) Warum sollen wir ausgerechnet Sie einstellen?
Der Bewerber kennt die anderen Kandidaten nicht. In seinem Bewerbungsschreiben hat er bereits alles geschrieben, damit Sie ihn einladen. Die Frage zielt darauf ab, die größte persönliche Stärke herauszukristallisieren. Fragen Sie besser: „Welche Schwierigkeit haben Sie im letzten Job gelöst und wie?“. So erfahren Sie, was ein möglicher Mitarbeiter als Problem einstuft und wie kreativ und eigenständig seine Lösungsansätze sind.
5) Welche Erfolge bringen Sie hier im ersten Jahr?
Eine Frage für die Wahrsagerin. Mit dieser versuchen Chefs im Vorstellungsgespräch herauszufinden, wie sich der Bewerber seinen Job vorstellt. Das beinhaltet die Aufgaben und die Frage danach, welche davon er gut beherrscht. Außerdem interessiert das Unternehmen, was der neue Mitarbeiter ihm (hoffentlich) bringt. Das ist schwierig zu beantworten und beinhaltet eher die Stärken des Kandidaten. Fragen Sie stattdessen, welche Aufgabe aus der Ausschreibung er seiner Meinung nach am besten beherrscht. Und dann setzen Sie ihn für diese ein.
6) Sind Sie ein loyaler Mitarbeiter?
Wer sagt da Nein? Finden Sie besser heraus, was Sie tun können, damit der Mitarbeiter gerne bleibt. Fragen Sie: „Wie stellen Sie sich den perfekten Arbeitsplatz/Arbeitgeber vor?“. Ein oder zwei Ideen lassen sich bestimmt aufgreifen und besprechen. Sie lernen, was dem Bewerber an einem Arbeitsplatz wichtig ist, und vergeuden keine wertvolle Zeit, wenn Sie das Bewerbungsgespräch führen.
7) Wie würde Ihre beste Freundin Sie beschreiben?
Lustig, spontan, backt guten Kuchen. Stellen Sie diese Frage, dann finden Sie heraus, welche Eigenschaften der Kandidat als wichtig erachtet. Immerhin nennt er diese. Das ist durchaus sinnvoll, eine andere Frage jedoch zielt in dieselbe Richtung und bringt noch mehr Input: Welche Eigenschaften möchten Sie noch erlernen? Auch hier nennt der Bewerber solche, die er für wichtig erachtet, und Sie bekommen zusätzlich einen Einblick in das Selbstbild der Person.
8) Wo sehen Sie sich in fünf Jahren?
Was Gesprächsführer eines Vorstellungsgesprächs mit dieser Frage bezwecken, ist unterschiedlich. Wollen sie herausfinden, ob der Mitarbeiter sich dann noch in diesem Unternehmen befindet, ist die Frage überflüssig. Das weiß zu dem Zeitpunkt niemand. Geht es um Führungspositionen und Personalverantwortung, fragen Sie direkt dazu. Starten Sie mit „Hatten Sie schon einmal Personalverantwortung?“ und bohren nach dem Wunsch danach. Das ergibt jedoch nur Sinn, wenn Sie wissen, ob eine solche Position in Zukunft infrage kommt. Andernfalls machen Sie dem Bewerber Hoffnungen, die Sie nicht erfüllen.
9) Warum haben Sie eine Vier in Mathe?
„Der Lehrer war doof“ ist eine beliebte Antwort. Sie haben den Kandidaten wegen anderer Stärken eingeladen. Ist Mathematik eine wichtige Voraussetzung, prüfen Sie die Unterlagen zuvor eingehender oder machen während des Vorstellungsgesprächs einen Test. Eine Frage, die Sie stattdessen stellen, ist „Welche Ihrer Eigenschaften helfen Ihnen bei uns besonders?“. Alternativ fragen Sie: „Was haben Sie in Ihrer Ausbildung gelernt, das Sie bei uns einsetzen?“. Sie beschäftigen Mitarbeiter wegen deren Stärken, nicht der Schwächen wegen.
Bonustipp für Unternehmer: Eine Frage für viele Antworten
„Was stünde in der Stellenbeschreibung für diesen Job, wenn Sie diese schrieben?” Hier sollte der Bewerber nun auf die fachlichen, aber auch auf persönliche Kompetenzen eingehen. Er wird verraten, was er für den Job, auf den er sich bewirbt, für wichtig erachtet und welche dieser Fähigkeiten er besitzt. Denn nur diese werden die meisten Bewerber in dem Moment nennen oder hinzufügen, dass sie sich dort noch weiterbilden möchten.
Bevor Sie eine Frage stellen, überlegen Sie vor dem Gespräch, was diese bezweckt. Bekommen Sie auf die Frage wahrscheinlich eine vorgefertigte Antwort? Wenn Sie ein Bewerbungsgespräch führen, möchten Sie den Kandidaten wirklich kennenlernen. Fühlen Sie ihm mit außergewöhnlichen Fragen auf den Zahn und stellen keine geschlossenen Fragen. Im schlimmsten Fall antwortet er mit Ja oder Nein. Geben Sie ihm die Gelegenheit, von sich aus zu erzählen.
Was sind Faktoren für ein erfolgreiches Bewerbungsgespräch?
Neben sinnvollen Fragen und einem geplanten Ablauf gibt es weitere Faktoren, die ein Vorstellungsgespräch beeinflussen. Die Atmosphäre spielt eine wichtige Rolle. Fühlt der Bewerber sich wohl, spricht er freier und Sie lernen seine Persönlichkeit eher kennen. Führen Sie ein offenes Bewerbungsgespräch mit Raum für spontane Fragen und Erzählungen.
Zur Atmosphäre trägt die Sitzordnung bei. Ein Frontalgespräch mit mehreren misstrauischen Menschen schüchtert Kandidaten unnötig ein. Probieren Sie stattdessen eine Sitzordnung über Eck aus. Besonders mit mehreren Teilnehmern funktioniert das gut. Kommen Sie nicht zu spät und schalten Sie Ihr Handy aus. Legen Sie als Vorgesetzter dasselbe Verhalten an den Tag, das Sie sich vom Bewerber wünschen. Schließlich müssen auch Sie von sich überzeugen, als Arbeitgeber und Unternehmen, in dem der Kandidat willkommen und geschätzt ist.
Verschiedene Bewerber möchten unterschiedlich viel arbeiten, Vollzeit, Teilzeit oder nur an bestimmten Tagen. Wie viele Stunden Sie ihnen pro Tag, Woche oder Monat geben, hängt von einigen Faktoren ab.
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Leitfaden Bewerbungsgespräch führen
Mit der richtigen Strategie und Vorbereitung führen Sie ein Vorstellungsgespräch, das dem Bewerber positiv in Erinnerung bleibt. Die einzelnen Tipps sind nicht kompliziert. Sie als Arbeitgeber tragen einen wichtigen Teil dazu bei, wie das Bewerbungsgespräch verläuft.
Bereiten Sie sich vor. Alle Informationen über den Kandidaten haben Sie im Kopf oder schnell parat, wenn Sie sie benötigen. Lesen Sie die Bewerbungsunterlagen sorgfältig und notieren sich Fragen zu Punkten. Die Unterlagen und Notizen nehmen Sie mit ins Gespräch. Laden Sie das Personal ein, das teilnimmt.
Bereiten Sie den Raum vor. Er ist zum Zeitpunkt frei und gut durchgelüftet. Die Sitzordnung steht fest und auf dem Tisch warten Getränke. Telefone im Raum sind stummgeschaltet. Jemand ist angewiesen, den Bewerber zu begrüßen und vom Empfang zum Raum zu führen.
Sie leiten das Gespräch mit Smalltalk ein, bieten Sitzplatz und Getränk an und holen Ihre Notizen hervor.
Dann führen Sie das Bewerbungsgespräch: Fangen Sie bei sich, den Kollegen und dem Unternehmen an und erklären dem Kandidaten, was auf ihn zukommen würde.
Schließen Sie den Teil ab und leiten zum Bewerber über. Er stellt sich zunächst frei vor. Dann stellen Sie offene Fragen um herauszufinden, ob er geeignet ist und ins Team passt. Machen Sie sich Notizen zu Ihrem Eindruck, um später entscheiden zu können.
Geben Sie dem Kandidaten die Möglichkeit, Fragen zu stellen. Erklären Sie ihm dann, wie der weitere Verlauf aussieht und bieten Ihre Hilfe bei weiteren Fragen an.
Beenden Sie das Gespräch, verabschieden den Bewerber mit Smalltalk und bringen ihn zur Tür.
In der Nachbereitung gehen Sie die Notizen durch und vergleichen Ihre Eindrücke mit denen der anderen Anwesenden. Melden Sie sich im vereinbarten Zeitraum und verhandeln mit dem Wunschkandidaten letzte Rahmenbedingungen.
Ein Bewerbungsgespräch zu führen erfordert etwas Übung. Beim ersten Mal ist Nervosität beim Arbeitgeber genauso normal wie für einen Bewerber. Aus dem sagenumwobenen Vorstellungsgespräch machen Sie jedoch mit ein paar kleinen Tricks ein sinnvolles Treffen, bei dem sich Arbeitgeber und Kandidat kennenlernen.
Katharina Bensch
Katharina Bensch ist die Clockodo-Expertin für Themen rund um den Arbeitsalltag. Mit zertifiziertem Fachwissen zu rechtlichen Arbeitsthemen und vielfältiger Erfahrung als Redakteurin betreut sie das Clockodo-Info-Portal.
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