Freistellung

Definition: Was ist eine Freistellung von der Arbeit?

Das Arbeitsverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer basiert darauf, dass der Mitarbeiter seiner Arbeitspflicht nachkommen muss (§ 611 BGB). Im selben Zuge ist der Arbeitgeber wiederum verpflichtet, seinem Arbeitnehmer ein Entgelt für die Arbeitsleistung zu zahlen. Darauf basiert der Arbeitsvertrag. Ein geschlossenes Arbeitsverhältnis bedeutet ebenfalls, dass für den Arbeitnehmer ein Beschäftigungsanspruch besteht.

Eine Freistellung von der Arbeit hebt die Pflichten eines Arbeitnehmers gegenüber seinem Arbeitgeber trotz bestehendem Arbeitsvertrag auf. Dieser Beschluss kann entweder einvernehmlich erfolgen oder einseitig vom Arbeitgeber angeordnet werden. Dabei unterscheidet man zwischen einer widerruflichen oder unwiderruflichen Freistellung. Sie kann bezahlt oder unbezahlt vonstattengehen. Eine mündlich ausgesprochene Freistellung ist zwar wirksam, dennoch empfiehlt es sich, sie auch in schriftlicher Form vorliegen zu haben. Die Freistellung ist im Arbeitsrecht geregelt.

Welche Arten der Freistellung gibt es?

Man unterscheidet zwischen der widerruflichen und unwiderruflichen Freistellung. Eine vom Arbeitgeber angeordnete widerrufliche Freistellung kann jederzeit vom selbigen aufgehoben werden. Das bedeutet, der Arbeitnehmer kann aufgefordert werden, seine üblichen Arbeitsleistungen wieder aufzunehmen. Entsprechend schwierig ist es für ihn, einer Nebentätigkeit nachzugehen oder gar schon mit einer neuen Stelle zu beginnen, falls die Freistellung beziehungsweise Suspendierung im Zuge einer Kündigung ausgesprochen wurde.

Die unwiderrufliche Freistellung hat zur Folge, dass der Arbeitnehmer damit im Sinne der Arbeitslosenversicherung unverzüglich als beschäftigungslos gilt (§ 138 SGB (III)). Dabei ist unerheblich, dass das geschlossene Arbeitsverhältnis rein rechtlich gesehen noch besteht.

Ebenso liegt eine weitere Unterscheidung vor: die bezahlte und unbezahlte Freistellung. Bei einer bezahlten Freistellung hat der Arbeitnehmer weiterhin Lohnanspruch, auch ohne seinen Pflichten nachzukommen und seinen Beschäftigungsanspruch wahrzunehmen. In der Regel muss für eine bezahlte Freistellung ein Rechtsanspruch vorliegen. Im Rahmen der unbezahlten Freistellung besteht kein rechtlicher Anspruch auf eine Lohnfortzahlung. Oft ergibt sich eine unbezahlte Freistellung auf Wunsch des Arbeitnehmers.

Welche Gründe für eine Freistellung gibt es?

Grafik Gründe für eine Freistellung

Für eine Freistellung können unterschiedliche Gründe vorliegen. Sie kann entweder gesetzlich gefordert sein, aufgrund einer Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer erfolgen oder einseitig vom Arbeitgeber angeordnet werden.

Gesetzlicher Anspruch Freistellung

Das Gesetz sieht für einige Fälle eine Freistellung vor, die keiner Einverständniserklärung seitens des Arbeitgebers bedarf. Ebenso besteht hier Lohnanspruch, obwohl der Arbeitnehmer für einen gewissen Zeitraum seinen Arbeitspflichten nicht nachkommt. Im Arbeitsalltag sind die gängigen Arten der gesetzlichen Freistellung Urlaub (§ 1 BUrlG), Arbeitsunfähigkeit (Krankmeldung) (§ 3 EntgFG), Bildungsurlaub (abhängig vom Bundesland), Mutterschutz und Elternzeit (§ 16 MuSchG und § 15 BEEG).

Dies sind weitere Gründe für eine gesetzliche Freistellung:

  • Verhinderung aus persönlichen Gründen (Sonderurlaub) (§ 616 Satz 1 BGB)

    • zum Beispiel: Tod eines nahen Verwandten

  • Annahmeverzug des Arbeitsgebers (nach einer unwirksamen Kündigung) (§ 615 BGB)

    • Paul kündigt Max zum 31. Juli, der sich anschließend arbeitslos meldet und gleichzeitig Kündigungsschutzklage erhebt. Das Urteil des Arbeitsgerichtes entscheidet ein halbes Jahr später, dass die Kündigung unwirksam war und Max sich somit die vergangenen sechs Monate in einem Arbeitsverhältnis befand, für das er keinen Lohn erhalten hat. Nun könnte man meinen, dass das Prinzip „ohne Arbeit kein Lohn” gilt, aber genau davor schützt § 615 BGB Max und spricht ihm Anspruch auf Zahlung des Annahmeverzugslohns zu.

  • Störung des Betriebsablaufs

    • Dem Arbeitnehmer steht auch bei Störungen im Betrieb Lohnauszahlung zu. Sollte der Arbeitnehmer seiner Arbeit aufgrund von beispielsweise technischen Problemen nicht nachkommen können, liegt es in der Verantwortlichkeit des Arbeitgebers, ihn anderweitig zu beschäftigen oder ihn gezwungenermaßen nach Hause zu schicken.

  • zulässige Ausübung des Zurückbehaltungsrechts (§ 273 BGB)

    • Der Arbeitnehmer hat das Recht, seine Arbeitsleistung vorübergehend zu verweigern, wenn der Arbeitgeber sich nicht an die Pflichten aus dem Arbeitsvertrag hält. Dabei muss der Mitarbeiter verdeutlichen, welche Gegenleistung er erwartet, um seine Arbeit wieder aufzunehmen beziehungsweise erklären, warum er seine Arbeit einstellt. Durch die rechtmäßige Ausübung des Zurückbehaltungsrechts muss der damit verbundene Arbeitsausfall vom Arbeitgeber vergütet werden.

  • Tätigkeiten für den Betriebsrat (BetrVG)

  • Freistellung zur Stellensuche nach Kündigung (§ 629 BGB)

  • Erkrankung eines Kindes (sofern der Anspruch vertraglich nicht ausgeschlossen wurde) (§ 45 SGB (V)

Sonderfall Pflegezeit:

Wenn ein Arbeitnehmer einen Angehörigen pflegen möchte, hat er laut § 3 Pfleg­ZG Anspruch auf eine unbezahlte Freistellung.

Beispiel Freistellung

Alessio erhielt vor zwei Wochen seine betriebsbedingte Kündigung. Dadurch ist er aktuell auf Stellensuche, um möglichst nach Ende der Kündigungsfrist ein neues Arbeitsverhältnis zu beginnen. Dafür hat er sich auf einige Stellen online beworben und wurde nun sogar schon zu zwei Vorstellungsgesprächen eingeladen. Hierfür steht ihm nach § 629 BGB eine gesetzliche Freistellung während seiner Kündigungsfrist zu. Er benötigt keine Genehmigung vom Arbeitgeber, aber sollte diesen zumindest darüber informieren. Für diese Art der Freistellung besteht Lohnanspruch für Alessio.

Freistellung in der Schwangerschaft

Eine schwangere Arbeitnehmerin muss versuchen ihre Vorsorgeuntersuchungen beim Arzt – genau wie andere Arztbesuche – außerhalb der Arbeitszeit stattfinden zu lassen. Sollte dies nicht möglich sein, muss der Arbeitgeber die Schwangere für den Termin freistellen (§ 7 Abs. 1 MuSchG). Der Lohn darf für eine erforderliche Untersuchung nicht gekürzt werden, denn der Arbeitgeber ist zu einer Entgeltfortzahlung verpflichtet.

Sollte es im Verlauf der Schwangerschaft zu Beschwerden kommen, kann der Arzt entscheiden, ob ein Beschäftigungsverbot (§ 16  MuSchG) angeordnet werden muss oder ob eine Arbeitsunfähigkeit vorliegt.

Bonustipp für Unternehmer: Freistellung zum Stillen

Arbeitnehmerinnen haben laut § 7 Abs. 2 MuSchG ein Recht auf Freistellung in den ersten zwölf Monaten nach der Geburt, um zu stillen.

Vereinbarte Freistellung

Arbeitnehmer haben die Möglichkeit, bei ihrem Arbeitgeber um eine Freistellung zu bitten. Am besten stellt der Arbeitnehmer dazu einen schriftlichen Antrag auf Freistellung. Dieser muss allerdings vom Arbeitgeber genehmigt werden. Im Regelfall hat der Arbeitnehmer hier keinen Anspruch auf die Fortzahlung seines Lohnes, da er keinen rechtlichen Anspruch auf die Freistellung hat. Ein Grund für einen Antrag auf Freistellung kann zum Beispiel die Kinderbetreuung nach der Elternzeit sein.

Arbeitnehmer und Arbeitgeber können jederzeit gemeinsam über die Aufhebung des Arbeitsvertrages bestimmen. Im Rahmen des Aufhebungsvertrages kann eine einvernehmliche Freistellung vereinbart werden. Darin sieht der Arbeitnehmer von seinem Beschäftigungsanspruch ab.

Einseitige Freistellung vom Arbeitgeber angeordnet

Da dem Arbeitnehmer ein Beschäftigungsanspruch vorliegt, ist es für den Arbeitgeber schwierig, eine Freistellung ohne dessen Zustimmung anzuordnen. Eine unberechtigte Freistellung hat für diesen scharfe arbeitsrechtliche Konsequenzen zur Folge. Der Arbeitgeber muss beachten, dass eine einseitig angeordnete Freistellung nur dann erlaubt ist, wenn das Interesse des Arbeitgebers an einer Suspendierung höher ist als das Interesse des Arbeitnehmers an seiner vertraglichen Beschäftigung. Dabei ist der Arbeitgeber stets zur Lohnfortzahlung verpflichtet.

In den folgenden Fällen wäre eine einseitige Freistellung denkbar:

  • Der Arbeitgeber stellt den Arbeitnehmer im Zuge einer Kündigung frei (BAG, Urteil v. 19.08.1976 - 3 AZR 173/75).

  • Das Vertrauensverhältnis ist massiv gestört, weil der Arbeitgeber den Arbeitnehmer einer Straftat verdächtigt.

  • Der Arbeitnehmer erscheint krank zur Arbeit und stellt eine Gefahr für sich und/oder andere dar.

  • Die Auftragslage ist gering und der Arbeitgeber kann den Arbeitnehmer nicht beschäftigen.

  • Der Betriebsablauf ist durch technische Probleme beeinträchtigt.

Sonderfälle Freistellung

Sonderfall Streik

Bei einer Freistellung aufgrund eines Streiks werden die im Vertrag festgehaltenen Pflichten aufgehoben. Dies bedeutet, dass weder der Arbeitnehmer seiner Arbeitspflicht nachkommen muss, noch dass der Arbeitgeber zahlungspflichtig ist.
Der Arbeitnehmer erhält bei dieser Art der Freistellung Streikgeld von der Gewerkschaft (sofern er Gewerkschaftsmitglied ist).

Sonderfall Gleichbehandlungsgrundsatz

Für den Arbeitnehmer ergibt sich ein Anspruch auf Freistellung durch den Gleichbehandlungsgrundsatz: Hat der Arbeitgeber in der Vergangenheit einigen Arbeitnehmern eine unbezahlte Freistellung gestattet, ist er nun verpflichtet, auch anderen eine Freistellung zu genehmigen. Durch die Zusage von Freistellungsanträgen kann sich ebenso eine betriebliche Übung ergeben.

Sonderfall Arztbesuch

Für einen Arztbesuch während der Arbeitszeit wurde in einem Urteil vom 29.02.1984 (Az.: 5 AZR 92/82) Folgendes entschieden: „Vergütung für die aus Anlass eines Arztbesuches ausgefallene Arbeitszeit kann der Arbeitnehmer nur verlangen, wenn der Arztbesuch notwendig war.“ Damit dies gilt, muss eine medizinische, zeitliche oder terminliche Notwendigkeit vorliegen. Prinzipiell hat der Arbeitnehmer jedoch dafür Sorge zu tragen, dass sein Arbeitsausfall so gering wie möglich ausfällt.

Was passiert mit dem Urlaubsanspruch bei einer Freistellung?

Bei einer angeordneten Freistellung im Rahmen einer Kündigung ist für den Urlaubsanspruch relevant, ob der Arbeitgeber eine widerrufliche oder unwiderrufliche Freistellung ausgesprochen hat. Bei einer widerruflichen Freistellung steht es dem Arbeitgeber nicht zu, den Urlaubanspruch des Arbeitnehmers zu verrechnen. Der Arbeitnehmer muss seinen Urlaub erst nehmen. Anschließend kann die widerrufliche Freistellung für die Zeit der Kündigungsfrist angeordnet werden. Eine Anrechnung des Urlaubsanspruchs wäre in diesem Fall nicht rechtens. Bei einer unwiderruflichen Freistellung hingegen kann der Urlaubsanspruch durchaus verrechnet werden. Hier ist es allerdings für den Arbeitgeber ratsam, ausdrücklich zu erklären, dass für den freigestellten Arbeitnehmer eine Anrechnung des bestehenden Urlaubsanspruches vorgenommen wird.

Für eine vorübergehende Freistellung, die zum Beispiel kraft Gesetzes stattfindet, bleibt der gesetzliche Urlaubsanspruch bestehen und muss nicht vorab genommen oder verrechnet werden.

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Welche Auswirkungen hat eine Freistellung?

Welche arbeitsrechtlichen Folgen gibt es?

Ein einseitig freigestellter Arbeitnehmer kann davon ausgehen, dass seine Leistungen nicht mehr gefragt sind. Entsprechend gilt das gesetzliche Wettbewerbsverbot des § 60 HGB nicht mehr.

Erkrankt ein Arbeitnehmer, der sich in der unbezahlten Freistellung befindet, ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, eine Lohnfortzahlung zu leisten. Nur bei der bezahlten Freistellung gilt die Entgeltfortzahlungspflicht. Für den erkrankten Mitarbeiter besteht also kein Vergütungsanspruch in der unbezahlten Freistellung.

Bei einer einseitigen Freistellung, die unberechtigt ausgesprochen wurde, hat der Arbeitnehmer theoretisch Anspruch auf Schadensersatz, da sein Recht auf Beschäftigung nicht erfüllt wird. In der Praxis allerdings besteht der Anspruch auf Schadensersatz nicht: Dem Arbeitnehmer liegt durch die rechtswidrige Freistellung kein Vermögensschaden vor. Da der Arbeitgeber im Annahmeverzug ist und die Arbeitspflichten des Arbeitnehmers annehmen muss, ist er nämlich verpflichtet, eine Lohnfortzahlung zu leisten (§ 615 Satz 1 BGB). Dadurch kommt es erst gar nicht zu Vermögensschäden.

Welche sozialrechtlichen Folgen gibt es?

Bei einer unwiderruflichen bezahlten Freistellung und der einhergehenden Beschäftigungslosigkeit fallen die Sozialversicherungsbeiträge nicht einfach weg. Das bedeutet, dass für den Arbeitnehmer weiterhin eine Sozialversicherungspflicht (Arbeitslosen-, Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung) besteht und der Arbeitgeber wie gewohnt seinen Arbeitgeberanteil dazu leistet (BSG, Urteil v. 24.09.2008 - B12 KR 22/07 R). Trotz allem gilt der Arbeitnehmer im Sinne der Arbeitslosenversicherung in diesem Fall als beschäftigungslos. Da er aber noch bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses seine Arbeitsvergütung erhält, besteht für ihn noch kein Anspruch auf Arbeitslosengeld.

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Freistellung zu Corona-Zeiten

Gehört ein Arbeitnehmer der Risikogruppe an, sollten zusätzliche Schutzmaßnahmen getroffen werden, um diesen zu schützen. Gegebenenfalls kann der Mitarbeiter im Home-Office seine Arbeit verrichten und ist so einem viel geringeren Infektionsrisiko ausgesetzt. Sollte dies nicht möglich sein und auch die Schutzmaßnahmen nicht ausreichen, könnten sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer auf eine Freistellung einigen. In diesem Fall muss geklärt werden, ob das Gehalt (zumindest anteilig) weiterhin gezahlt wird.

Katharina Bensch

Katharina Bensch ist die Clockodo-Expertin für Themen rund um den Arbeitsalltag.
Mit zertifiziertem Fachwissen zu rechtlichen Arbeitsthemen und vielfältiger Erfahrung als Redakteurin betreut sie das Clockodo-Info-Portal.

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