Reisezeit und Arbeitszeit: Wann Arbeitnehmer Geld bekommen

Im Zug, im Flugzeug, mit dem Auto oder zu Fuß – Reisezeit zu Arbeitsterminen fällt in deutschen Firmen häufig an. Kundentermine, Messebesuche sowie Vorträge und Weiterbildungen sind der Grund dafür, dass Arbeitnehmer einen oder mehrere Tage nicht vor Ort arbeiten. Der Weg ist nach Konfuzius das Ziel. Die Meinungen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern dazu gehen auseinander. Wenn es sich bei einer Reise zu einem Termin um Arbeitszeit handelt, ist diese zu vergüten.

Regelungen für Reisezeit als Arbeitszeit
Ob Reisezeit Arbeitszeit ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab.

Ob eine Dienstreise vollständig als Arbeitszeit gilt, hängt von unterschiedlichen Faktoren ab. Auch wenn die Termine vom Arbeitgeber angeordnet sind, ist die Reise zu diesem Termin nicht zwingend anzurechnen. Ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 17. Oktober 2018 hat Reisezeit ins Ausland zur Arbeitszeit erklärt.

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Ist Reisezeit Arbeitszeit?

Jein. Verschiedene Bedingungen müssen erfüllt sein, damit ein Arbeitnehmer die Fahrtzeit zu einem Termin als Arbeitszeit anerkannt bekommt.

Die typische Arbeitszeit

Es spielt eine Rolle, wie seine Arbeitszeiten normalerweise geregelt sind, denn Arbeitszeiten sind nach § 611a BGB zu vergüten. Arbeitet eine Person täglich von neun bis 18 Uhr ist Reisezeit innerhalb dieses Fensters Arbeitszeit. Fährt der Arbeitnehmer von neun bis zehn Uhr zu einem Termin und von 15 bis 16 Uhr zurück, zählt das zur Arbeitszeit. Bei Gleitzeit ist dies schwieriger zu beurteilen. Die typische Arbeitszeit eines Mitarbeiters bietet hier einen Hinweis darauf, wann er normalerweise arbeitet. Aufschluss darüber gibt eine Arbeitszeiterfassung.

Beispiel

Ursula arbeitet in Gleitzeit. An ihrem Stundenkonto kann ihr Arbeitgeber sehen, dass sie jeden Tag spätestens um neun Uhr anwesend ist und mindestens bis 16:30 Uhr bleibt. Ursula fährt zu einem Vortrag, den sie hält, und ist von neun bis 17 Uhr unterwegs. Die Hin- und Rückfahrt beträgt jeweils eine Stunde.

Die Hinfahrt fällt in ihre normale Anwesenheit und ist somit Arbeitszeit. Die Rückfahrt liegt zur Hälfte außerhalb der gewöhnlichen Anwesenheit. Ihr Chef beurteilt in diesem Fall, ob es sich bei den letzten 30 Minuten um Arbeitszeit handelt. Wichtig ist hierbei der nächste Punkt. 

Die Tätigkeit unterwegs

Reist ein Mitarbeiter außerhalb seiner gewöhnlichen Arbeitszeit dienstlich mit öffentlichen Verkehrsmitteln, kommt es auf seine Tätigkeit an. Ordnet der Chef Arbeit während der Reise an, handelt es sich laut Arbeitsrecht definitiv um Arbeitszeit. Wer Mails beantworten oder eine Präsentation vorbereiten soll, arbeitet auf Anweisung und der Arbeitgeber vergütet die Zeit.

Arbeitet ein Angestellter unterwegs freiwillig, ist Reisezeit nicht automatisch Arbeitszeit. Dann kommt es auf die Sichtweise des Chefs an. Da Reisezeit ohne Arbeit als Ruhezeit zu werten ist, gelten diese wie die Pausen vor Ort im Betrieb. Der Chef kann diese Zeit aber vergüten.

(BAG, Urteil vom 11.07.2006 - 9 AZR 519/05)

Beispiel

Kurt fährt nach seiner gewöhnlichen Arbeitszeit mit dem Zug zu einer Tagung, die am Folgetag stattfindet. Er hat die Anweisung, im Zug E-Mails zu beantworten. Tut er dies, ist seine Fahrtzeit als Arbeitszeit anzusehen. Da der Internetzugriff nicht funktioniert, kann er seiner Aufgabe nicht nachgehen. Stattdessen unterhält er sich mit seinem Sitznachbarn und verbringt somit keine Arbeitszeit, die sein Chef bezahlt.

Abends im Hotel langweilt ihn das Fernsehprogramm und Kurt erarbeitet eine neue Strategie für den Verkauf der Firmenprodukte. Sein Arbeitgeber hat ihn dazu nicht angewiesen und muss ihm die Zeit dann nicht zwangsläufig bezahlen. Ist die Übernachtung aber notwendig, weil die Tagung am nächsten Morgen nicht rechtzeitig zu erreichen wäre, kann es sich durchaus um Arbeitszeit handeln, muss aber nicht.

Die Autofahrt

Bei einer Dienstreise im Auto zählt die Zeit laut Arbeitsrecht für den Fahrer als Arbeitszeit, denn er hat keine Freizeit, sondern erfüllt eine zugeteilte Aufgabe. Für Beifahrer gelten dieselben Regelungen wie bei Reisen in öffentlichen Verkehrsmitteln. Entscheidet der Arbeitnehmer selbst, mit dem Auto zu fahren, kommt es wieder auf die Sichtweise des Vorgesetzten an.

Für eine Fahrt mit dem eigenen Auto bekommt der Arbeitnehmer pro Kilometer eine Pauschale von 0,30 Euro zurück. In einer Reisekostenabrechnung stellt der Arbeitnehmer die angefallenen Kosten – Fahrtkilometer, Essen, Taxi, Übernachtung – für den Arbeitgeber auf, der diese Beträge übernimmt.

Beispiel

Achmet fährt donnerstagabends um 19 Uhr mit dem Firmenwagen von Münster nach Dortmund. Er ist der Fahrer und es handelt sich bei seiner Fahrtzeit um Arbeitszeit. Sein Kollege Lars sitzt als Beifahrer passiv neben ihm und döst. Statt Arbeitszeit handelt es sich bei ihm um Ruhezeit.

Abends im Hotel arbeiten sie beide, wie vom Chef angewiesen, an ihrer Präsentation für den nächsten Tag. Beide verbringen zu vergütende Arbeitszeit im Hotel. 

Dienstreisen ins Ausland

Reisezeit ins Ausland ist Arbeitszeit. Das hat das Bundesarbeitsgericht in einem Urteil vom 17. Oktober 2018 festgelegt. In diesem speziellen Fall ging es um eine viertägige Dienstreise nach China. Der Arbeitgeber hatte dem Arbeitnehmer pro Tag acht Stunden gutgeschrieben. Das Gericht urteilte, hier sei stattdessen die gesamte Reisezeit anzurechnen.

Welche Auswirkungen das Urteil auf Reisezeit innerhalb Deutschlands hat, lässt sich frühestens nach der Urteilsbegründung feststellen. Für eine Dienstreise ins Ausland lässt sich festhalten: Die Reisezeit ist Arbeitszeit, wenn sie so vom Arbeitgeber angeordnet ist.

Dienstreisezeit als Arbeitszeit
Bei einer Dienstreise ins Ausland ist Reisezeit Arbeitszeit.

Was gilt für die Arbeitszeit bei Fortbildungen?

Im Wesentlichen gilt eine Fortbildung als Arbeitszeit, wenn sie vom Arbeitgeber veranlasst wurde. Wann genau die Arbeitszeit einer Fortbildung beginnt, hängt vom Standort dieser ab: Im eigenen Betrieb beginnt die angerechnete Arbeitszeit mit dem Betreten des Veranstaltungsortes und endet mit dem Verlassen. Auch hier werden Pausen von der Arbeitszeit abgezogen. Findet die Fortbildung außerhalb statt, so kann die notwendige Reisezeit ebenfalls als Arbeitszeit bewertet werden. Bei der Reise zu einer Fortbildung gelten dieselben Regelungen wie für normale Dienstreisen. Die Summe der angerechneten Reisezeit und der Zeit des Fortbildungsbesuchs dürfen dabei nicht die Höchstarbeitszeit von zehn Stunden am Tag überschreiten.

Entscheidet sich ein Mitarbeiter aus eigener Motivation dazu, an einer Fortbildung teilzunehmen, so gilt die aufgewendete Zeit nicht als Arbeitszeit. Eine Ausnahme bilden Dienstverträge, in denen festgelegt ist, dass jede Fortbildung Arbeitszeit ist.

Weitere Regelungen

Verlängert sich die Zeit einer Reise durch Verzögerungen oder Stau, sollte in den meisten Fällen die tatsächliche Arbeitszeit angerechnet werden. Ein Gesetz dazu gibt es allerdings nicht. 

Eine Besonderheit sind Jobs, bei denen das Reisen automatisch zur Erfüllung der Aufgaben gehört. Fährt ein Vertriebler von einem Kunden zum nächsten, gehört das zur Arbeitszeit. Handwerker, die sich morgens im Betrieb sammeln, starten dort ihre Arbeitszeit. Die Fahrt zum Kunden ist hier zu vergüten.

Kommen Handwerker von zu Hause direkt zur Baustelle, ist dies nicht automatisch Arbeitszeit. Das liegt daran, dass der normale Arbeitsweg nicht zur Arbeitszeit gehört. Eine Betriebsvereinbarung oder ein Tarifvertrag dürfen andere Regelungen für Fahrtzeiten und Arbeitszeiten enthalten. Für Berufskraftfahrer steckt es im Namen: Sie sind für das Fahren eingestellt und somit ist diese Zeit auch Arbeitszeit.

Ein Dienstgang, zum Beispiel zu einem Kunden, der in 15 Minuten mit dem Auto zu erreichen ist, gilt nicht als Dienstreise. Da diese Dienstgänge meistens in die reguläre Arbeitszeit fallen, vergütet der Arbeitgeber sie. Gesetzliche Regelungen aber gibt es dazu nicht.

Zeit zwischen Terminen oder Reisen, die der Arbeitnehmer nicht mit Arbeit verbringt, ist Ruhezeit. Dazu zählt zum Beispiel die Übernachtung in einem Hotel oder ein privates Essen nach einer Veranstaltung. Nicht die gesamte Dienstreise ist laut Arbeitsrecht Arbeitszeit.

Es bietet sich für jede Firma an, Regelungen für Arbeitsreisen in einem Arbeitsvertrag oder einer Betriebsvereinbarung festzuhalten. Wer viel reist, sollte im Vorfeld wissen, wer zum Beispiel Bonusmeilen sammeln darf und wer für weitere Kosten aufkommt. Auch die Regelungen für die Verpflegungspauschale sind zu beachten.

Was gehört zur Arbeitszeit?

Laut Arbeitszeitgesetz ist die Zeit zwischen Beginn und Ende der Arbeit als Arbeitszeit zu werten. Die Pausen gehören nicht dazu. Somit ist auch der Arbeitsweg keine zu vergütende Arbeitszeit. Der Weg im Betrieb von einem Einsatzort zum anderen hingegen ist Arbeitszeit.

Hat ein Arbeitnehmer mehrere Arbeitgeber oder ist zusätzlich selbstständig, zählen alle Arbeitszeiten zusammen. Das ist wichtig im Hinblick auf das Arbeitszeitgesetz: Am Tag sind zehn Stunden die maximale Arbeitszeit, zwischen zwei Tagen sind elf Stunden Ruhezeit einzuhalten. 

Arbeitsbereitschaft und Bereitschaftsdienst gehören zur Arbeitszeit. Im Gegensatz dazu ist Rufbereitschaft keine Arbeitszeit, denn der Angestellte verbringt sie nicht unbedingt am Arbeitsort.

Kennen Sie sich mit allen Regelungen des Arbeitszeitgesetzes aus? Es beschreibt nicht nur, was Arbeitszeit ist, sondern auch, wie lang diese sein darf.

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Wie wird Reisezeit vergütet?

Der Arbeitgeber vergütet Reisezeit, wenn sie als Arbeitszeit definiert ist. Innerhalb der üblichen Arbeitszeit erfüllen Arbeitnehmer ihre Sollstunden. Außerhalb der regulären Zeiten sammeln sie Überstunden. Hier gelten die Regelungen für die Vergütung dieser bestimmten Stunden. Für Sollzeit erhält der Angestellte gewöhnlich seinen normalen Stundenlohn, Überstunden kompensiert er mit Lohn- oder Freizeitzuschlag. Die Parteien dürfen aber im Arbeitsvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung andere Vergütungen festhalten.

Vergütung der Reisezeit als Arbeitszeit
Die Vergütung von Reisezeit als Arbeitszeit dürfen Arbeitgeber bestimmen.

Bonustipp für Unternehmer auf Dienstreisen:

  • Halten Sie in Arbeitsverträgen oder Betriebsvereinbarungen fest, welche Regelungen für Reisezeit gelten. Auch zusätzliche Fragen wie die Vergütung, das Sammeln von Bonusmeilen oder das Aussuchen der Unterkunft finden hier ihren Platz. Im Idealfall sind keine Fragen offen und Arbeitnehmer wissen, was bei einer Dienstreise auf sie zukommt.
  • Erinnern Sie die Dienstreisenden daran, für alle aufkommenden Kosten Belege mitzubringen. Ohne ausreichend Nachweise ist die Verrechnung im Nachhinein schwierig und der Angestellte bekommt im Zweifel sein Geld nicht zurück.
  • Für eine Vertretung der Abwesenden sorgen Sie als Arbeitgeber. Sie sind für die Dienstplanung verantwortlich und dafür, dass keine Aufgaben liegenbleiben. Die festgelegte Urlaubsvertretung der jeweiligen Reisenden eignet sich für die Erledigung dringender Arbeit. 

Wie kann ich Arbeitszeit erfassen?

Zeiterfassungssysteme für die Arbeitszeit zeigen genau auf, welcher Mitarbeiter wann an welcher Aufgabe arbeitet. So können Sie und Ihre Mitarbeiter bestimmte Zeiten als Fahrtzeit deklarieren und einen genauen Überblick erhalten. Durch einen Zeitstempel sehen Sie, wann ein Angesteller Reisezeit gebucht hat und rechnen diese dementsprechend ab.

Clockodo übernimmt sowohl die Arbeitszeiterfassung als auch die Projektzeiterfassung für Sie. Mitarbeiter buchen ihre Zeiten direkt für ein Projekt und tragen zum Beispiel die Fahrtzeit im System ein. Das Tool funktioniert am PC und als App, für Windows und Android genauso wie für Mac und iPhone. 

Katharina Bensch

Katharina Bensch ist die Clockodo-Expertin für Themen rund um den Arbeitsalltag.
Mit zertifiziertem Fachwissen zu rechtlichen Arbeitsthemen und vielfältiger Erfahrung als Redakteurin betreut sie das Clockodo-Info-Portal.

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